INSIGHTS About being smart: Sprintplanung mit Added Value Calculation

ABOUT YOU TECH

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Autor: Stefan Tobel

Alle zwei Wochen starten im AY Shop Team zwei parallel verlaufende Sprints: Der aktuelle Entwicklungssprint, in dem neue Features für den Shop umgesetzt werden und der Planungssprint, in welchem das Shop Management Team, Konzeption und Design zukünftiger Features entwirft und vorbereitet.

In regelmäßigen Backlog Groomings treffen Shop Management und Entwickler zusammen, um die Features zu besprechen und deren Komplexität in Storypunkten zu schätzen. Es kann vorkommen, dass ein Feature, welches augenscheinlich eine geringe Veränderung beinhaltet, in der Umsetzung aufwändig oder kostenintensiv ist. Gleichzeitig stellt sich die Frage, was für einen Mehrwert das Feature bietet. Die Herausforderung im Planungssprint ist dann die Entscheidung, welchem Feature wir Vorrang geben.

Eine große Hilfe ist dabei die Added Value Calculation: Die Berechnung des Mehrwerts, den die Umsetzung eines Features erbringt. Basis dieser Berechnung sind von uns aufgestellte Hypothesen, die versuchen, den Einfluss und die Wirkung eines Features vorherzusagen. Mit Hilfe aktueller Daten zur Shopperformance wird der Added Value unserer Annahmen berechnet. Konkret heißt das: Wir ermitteln, wie viel zusätzlichen Nettoumsatz oder Kostenersparnis ein Feature bieten kann.
Die Berechnung des absoluten Mehrwerts bietet schon eine hilfreiche Grundlage für die Priorisierung eines Features. Interessanter ist aber der Mehrwert in Relation zum Aufwand des Features. Der Added Value wird also durch die Story Punkte, die im Backlog Grooming besprochen werden, geteilt. Man erhält so den zusätzlichen Umsatz pro Storypunkt.
Dieser Schritt ist wesentlich, um das Planen eines Sprints auf Basis der Added Value Berechnungen zu optimieren. Die Priorisierung von Features ist durch den direkten Vergleich des Added Value pro Storypunkt leicht gemacht.
Den Abschluss einer vollständigen Added Value Calculation bildet die Validierung der Hypothese. Nachdem ein Feature umgesetzt wurde und live gegangen ist, können wir unsere Annahme mit aktuellen Daten überprüfen. Nur wenn wir kontrollieren, ob unsere Hypothesen mit dem Endergebnis vergleichbar sind, ist die Added Value Calculation das richtige Mittel für unsere Feature Priorisierung.

Vor der Berechnung teilen wir die #Tickets zusätzlich in drei Kategorien auf: Es wird zwischen Performance, Strategic- und Maintenance Features unterschieden.

Performance Features zielen auf Umsatzsteigerung ab. Aus ihnen resultiert im besten Fall ein direkter Uplift des Umsatzes. Ein erfolgreiches Beispiel für ein Performance Feature ist die Seite, die dem Kunden angezeigt wird, nachdem er einen Artikel in den Warenkorb gelegt hat. Vor Umsetzung des Features haben wir lediglich eine kurze Benachrichtigung angezeigt, dass das gewünschte Produkt zum Warenkorb hinzugefügt wurde. Jetzt führen wir den Kunden weiter zu einer Landingpage, auf der „Mitnahmeprodukte“ angeboten werden.

Strategic Features sind Maßnahmen, deren Umsetzung sich nicht unmittelbar, aber langfristig positiv auf Kennzahlen der Shopperformance auswirken. Sei es auf den Umsatz, die Retourenquote, Absprung- oder Wiederkaufsrate. Ein Beispiel hierfür wäre der Personal Filter auf den Kategorieseiten. Durch Aktivierung des Filters werden dem Kunden nur noch Produkte angezeigt, die zu ihm passen. Das sind Produkte, die in seiner Größe verfügbar sind und seinem Stil und Vorlieben entsprechen. Dieses Feature hebt die Shopperformance nachweislich. Der persönliche Filter wird derzeit nur eingeloggten Usern angezeigt. Um Produkte personalisiert auszuspielen ist es außerdem nötig, dass der Kunde persönliche Einstellungen in seinem Profil vorgenommen hat. Aktuell entspricht nur ein Bruchteil unserer Kunden diesen beiden Kriterien und der Impact des Features ist damit noch relativ gering. Je mehr User in Zukunft aber den Filter nutzen, desto höher die positive Wirkung auf die Shopperformance.

Maintenance Features sind Aufgaben, die anfallen, damit der Shop und alle damit verbundenen Technologien einwandfrei funktionieren. Dazu gehört z.B. das Refactoring eines bereits vorhandenen Features.

Fallbeispiel:

Seit einem Release Ende Oktober ist es möglich, Produkte direkt von Kategorie- und Inspirationsseiten zur Wunschliste hinzuzufügen. Das Symbol der Wunschliste erscheint on hover auf dem gewünschten Produkt. Vor dem Release war das Hinzufügen nur über die Artikeldetailseite und die Quickview möglich.

Kategorie: Performance Feature

1. Hypothese und Berechnung

Annahme: Die Add2Wishlist Events auf Desktop steigen um 20%, da es nun möglich ist, Produkte direkt von der Kategorieübersicht und von Inspirationsfeeds zur Wunschliste hinzuzufügen. Das Öffnen der Artikeldetailseite oder der Quickview ist nicht mehr nötig. Außerdem muss vor dem Hinzufügen zur Wunschliste keine Größe mehr ausgewählt sein. Daher werden in Zukunft mehr Produkte auf der Wunschliste stehen, mit denen der Kunde sich weniger intensiv beschäftigt hat. Das führt zu der Annahme, dass die Add2Basket Events auf der Wunschliste sinken werden — wir gehen von einer 50%igen Abnahme aus.

Angenommen wir haben pro Monat 2000 Sitzungen auf About You. In diesem Zeitraum werden 100 Produkte zu Wunschlisten hinzugefügt. Ca. 10% der Produkte werden im Laufe des Monats dann von der Wunschliste in den Warenkorb gelegt. Unser durchschnittlicher Bruttoumsatz pro bestelltem Produkt wäre 20€ und unsere Retourenquote läge bei 50%.

Wenn wir nun von unserer Hypothese ausgehen, dass unser Feature 20% mehr Add2Wishlist Events bewirkt, dann wären das 20 Produkte mehr pro Monat. Daraus ergibt sich folgende Rechnung:

((Zusätzliche Produkte/Monat x Add2Basket von der Wunschliste x Rückgang Add2Basket von der Wunschliste) x Umsatz/Produkt) x (1-Retourenquote)

((20*0,1*0,5)*20)*(1–50%) =10

Daraus ergibt sich ein absoluter Added Value von 10€.

2. Bewertung der Komplexität und Priorisierung

Im Backlog Grooming wird entschieden, dass die Komplexität des Features mit einer 2 bewertet wird. Der Added Value pro Storypunkt wäre damit 5€. Anhand dieser relativen Bewertung ordnen wir die Umsetzung des Features in den Sprint ein.

3. Umsetzung

Feature auf der Kategorieseite:

Feature auf einem Inspirationsfeed:

4. Validierung

Ein paar Wochen nachdem das Feature umgesetzt wurde, ziehen wir die ersten Daten, um die Performance zu überprüfen: Die Add2Wishlist Events sind (relativ zur Anzahl der Sitzungen) um 67% gestiegen. Gleichzeitig sind die Add2Basket Events von der Wunschliste um 20% gesunken.

Daraus würde sich ein absoluter Added Value von 53,60€ und relativ 26,80€ pro Storypunkt ergeben. Die Grundannahme unserer Schätzung war also richtig. Nur das Ausmaß der Auswirkung des Features haben wir — auf positive Art und Weise — unterschätzt.

5. Learning

Anhand der Validierung sehen wir, dass das Feature noch besser von unseren Kunden angenommen wird, als wir dachten. Die Möglichkeit, Produkte mit nur einem Klick zur Wunschliste hinzuzufügen, wollen wir deshalb noch weiter ausbauen: Mit der aktuellen Umsetzung wird das Symbol der Wunschliste nur on hover angezeigt. Das bedeutet, dass die Funktion nur auf Desktop verfügbar ist, da es auf Tablets keine on hover-States gibt. Als nächsten Schritt werden wir das Symbol direkt und permanent auf Kategorie- und Inspirationsseiten anzeigen, sodass die Funktion sowohl auf Tablet als auch auf Desktop noch leichter genutzt werden kann.

Fazit

Mit der Durchführung einer Added Value Calculation lässt sich die Sprintplanung vereinfachen und optimieren. Die Entscheidung, welches Feature Vorrang hat, muss damit nicht mehr nur aus dem Bauchgefühl und Erfahrungswerten heraus getroffen werden. Die Added Value Calculation ermöglicht eine auf Zahlen gestützte Priorisierung der Features. Zusätzlich sehen wir schwarz auf weiß, welchen Einfluss unsere Arbeit auf den Erfolg von About You hat, was die Motivation im Team zusätzlich steigert.

Großer Dank an Tanja Lembke für die Mithilfe bei der Erstellung dieses Blogposts.